Aktuelle Musik ist notwendige Kunst zur Zeit

State­ment von Prof. Dr. Ulrike Liedke zu den Reform­plä­nen der Gema

Als Musik­wis­sen­schaft­le­rin und Vize­prä­si­den­tin des Deut­schen Musik­ra­tes, die in engem Aus­tausch mit Kom­po­nis­ten steht und an der Uni­ver­si­tät Pots­dam lehrt, befrem­det mich die Ein­tei­lung in E- und U‑Musik sehr. Sie ist längst über­holt, sowohl durch die Kom­po­nis­ten selbst als auch in der musi­ka­li­schen All­tags­pra­xis. Vor die­sem Hin­ter­grund wäre eine Reform ver­ständ­lich. Statt­des­sen wer­den neue Grä­ben zwi­schen E und U aus­ge­ho­ben, unter­schied­li­che Kom­po­si­ti­ons­ver­fah­ren gegen­ein­an­der aus­ge­spielt und das auch noch zulas­ten von Kom­po­nis­ten, Ver­an­stal­tern und letzt­lich Publi­kum. Das kann nicht Anlie­gen oder Aus­wir­kung einer Reform sein.

Die GEMA trägt eine hohe Ver­ant­wor­tung für die Zukunft der Musik. Wie ent­wi­ckelt sich Klang wei­ter, wel­che kom­po­si­to­ri­schen Ideen ent­ste­hen, wer wagt Neues, wie kommt neue Musik in einen Aus­tausch mit dem Publi­kum? Die von der GEMA ange­strebte Reform birgt die Gefahr, dass soge­nannte E‑Musik auf­grund man­geln­der För­de­rung an den Rand der gesell­schaft­li­chen Wahr­neh­mung gedrängt wird. Aber gerade aktu­elle Musik reagiert auf die Gesell­schaft, ist not­wen­dige Kunst zur Zeit.

In mei­nem poli­ti­schen Amt als Prä­si­den­tin des Land­ta­ges Bran­den­burg habe ich meh­rere Beschlüsse zur Situa­tion frei­be­ruf­li­cher Künst­ler ein­ge­bracht – Hono­rar­un­ter­gren­zen für freie Ensem­bles und Vokal­so­lis­ten, Aus­stel­lungs­ver­gü­tung, Ate­lier­miet­zah­lung, gesetz­li­che Zusi­che­rung von Kunst am Bau, Lite­ra­tur­för­de­rung usw. Die GEMA sah ich bis­her immer als Part­ner bei der För­de­rung von Künst­lern und aktu­el­ler Musik. Strei­chun­gen und Unsi­cher­hei­ten pas­sen nicht in die­ses Bild. 

Musi­ka­li­sche Viel­falt muss unser Ziel blei­ben. Eine Mar­gi­na­li­sie­rung der soge­nann­ten E‑Musik wie auch klei­ne­rer Ver­an­stal­tungs­orte bedroht nicht nur indi­vi­du­elle Exis­ten­zen, son­dern einen gan­zen Kul­tur­zweig. Es wäre ein unvor­stell­ba­rer Ver­lust, wenn die ver­bin­dende, iden­ti­täts­stif­tende Kraft der Musik beschränkt würde. Ich bitte Sie ein­dring­lich, Ihr Reform­vor­ha­ben zu über­den­ken und sich als För­de­rer des bis­her Unbe­kann­ten, des Neuen zu verstehen.

Prof. Dr. Ulrike Liedtke

Musik­wis­sen­schaft­le­rin

Vize­prä­si­den­tin des Deut­schen Musikrates

Prä­si­den­tin des Land­ta­ges Brandenburg

Prä­si­den­tin des Lan­des­mu­sik­ra­tes Brandenburg


Wei­ter­füh­rende Infor­ma­tio­nen unter: gema.de


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